Dienstag, 10. Dezember 2013

Krieg oder Moral? - Deutschland verbal "unter Beschuss", doch ethisch-völkerrechtlich im Recht!? Zum Krieg in Libyen - NATO-Intervention zum Sturz des libyschen Machthabers Gaddafi


Krieg oder Moral? - Deutschland verbal "unter Beschuss", doch ethisch-völkerrechtlich im Recht!?
Zum Krieg in Libyen - NATO-Intervention zum Sturz des libyschen Machthabers Gaddafi

Der Krieg ist da - und Krieg ist nach wie vor ein Mittel der Politik.

Es war abzusehen.
Wer genau hinhörte und die Entwicklungen verfolgte, konnte feststellen, dass einige Politiker des Westens diesen Krieg wollten:
Der kleine Napoleon post festum aus Paris,  ein Silvio Berlusconi, der die alte Kumpanei mit Oberst und Diktator Gaddafi über Nacht auf Eis legte,
um bei  den Siegern dabei zu sein - nicht viel anders als seinerzeit der Duce - und - nach langem Zaudern- ,
selbst US-Präsident Barack Obama.

Ein chirurgischer Eingriff in der Wüste von Libyen - mit ein paar Marschflugkörpern wie einst unter Bill Clinton?

Weit gefehlt!

Dieser Konflikt mit unabsehbaren Folgen wird sich noch ausweiten und auf die Region übergreifen, so oder so.

Es ist sonderbar mitzuverfolgen, wie auf Deutschland und auf die Position der Nichteinmischung der Bundesregierung öffentlich verbal eingeprügelt wird, obwohl Deutschland richtig gehandelt hat
- moralisch wie völkerrechtlich.

Während Demagogen wie Europa-Politiker Cohn-Bendit die deutschen Positionen der Abstinenz von Krieg anprangern, stimmen sogar Politiker aus DIE LINKE der Haltung der Bundesregierung zu.
Recht so - auch DIE LINKE kann auf der richtigen Seite sein und im Konsens mit CDU/FDP, wenn die Sache es objektiv hergibt.

In den Medien vollzieht sich die Volksverdummung mit undifferenzierten Formulierungen und deplatzierten Begriffen wie: "die Völkergemeinschaft" würde eingreifen, gar die "Weltgemeinschaft" etc. 

Dabei wird missachtet, dass
gemäß Völkerrecht
fremde Mächte nicht in einen Bürgerkriegskonflikt eingreifen
bzw.
die "territoriale Integrität" eines anderen "souveränen Staates" verletzen dürfen.

Genau dieser "Völkerrechtsbruch" findet jetzt in Libyen statt - gestützt auf eine fragwürdige moralische Argumenation.

Wenn die UNO, unter deren Augen in Srebrenica etwa 10 000 Bosnier ermordet wurden, einmal soweit sein sollte, moralische Kategorien militärisch durchzusetzen, dann muss überall das gleiche Prinzip Anwendung finden.

Weshalb intervenieren Franzosen, Briten und Amerikaner nicht im Jemen, wo sich gerade ein identisches Szenario abspielt?

Gilt gleiches Recht für alle?

Oder bestimmt zweierlei Maß?

Differenzieren die militärisch Mächtigen zwischen Staaten mit "Erdöl" und ohne Erdöl?

Als Feigenblatt am Rande in einer merkwürdigen so genannten "Koalition der Willigen" dürfen auch zwei arabische Zwergstaaten militärisch mitbomben, das Emirat Quatar

und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAR)?

So führt die Arabische Liga sich selbst ad absurdum.

Hoffentlich wird die zum Himmel schreiende Heuchelei durchschaut


Vor Tagen schrieb ich hier folgende Gedanken nieder, (vielleicht überhörte) Gedanken, die jetzt noch aktueller sind, weil der "Casus belli" eingetreten ist -
unter Missbrauch von Kategorien wie Moral, Freiheit, Solidarität, Demokratie etc.


"Das Einrichten und Durchsetzen einer "Flugverbotszone" über Libyen durch die NATO bedeutet Krieg. Oberst Gaddafi, fanatisiert wie ein Saddam Hussein, wird sich zur Wehr setzen,
weil auch er wohl die Selbstmythisierung anstrebt - und damit das Eingehen in die Geschichte als Held der arabischen Nation.

Der Krieg kann übergreifen
und er kann über neue Länder und Unruheherde (Syrien, Libanon, Emirate, Saudi Arabien etc.) die Sicherheit und Integrität Israels bedrohen.

Krieg schüren ist unverantwortlich.

Darüber hinaus ist das Plazet der Arabischen Liga für eine solche Aktion zweischneidig,
die "moralische Argumentation" der westlichen Staaten bzw. der USA hingegen heuchlerisch,

da bei entstprechend konsequentem Vorgehen halb Afrika von Diktatoren befreit werden müsste.

Als mehr als eine Million Menschen in Schwarzafrika (Ruanda) im Huthu/Tutsi-Konflikt ihr Leben lassen mussten, blickte die UNO weg,
ebenso die Moralisten aus Westeuropa, vielleicht auch deshalb, weil es in jener Region weder Öl, noch Erdgas, noch sonstige wertvolle Rohstoffe und Bodenschätze zu holen gab.

Wer ist der nächste auf der Liste der zu befreienden Staaten?
Iran?

Krieg sollte nach 1945 nicht weiter ein Mittel der Politik sein.

Auch kein Mittel der Ablenkung - etwa von hausgemachten Problemen in den USA, auch im Alten Europa, wie von den Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, Krisen, die bald wieder akut und vernichtend sein können.


Nachtrag am 18. März 2011.

Die Resolution, eine Flugverbotszone über Libyen einzurichten, hat den Sicherheitsrat der UNO passiert.

Die kriegslüsternen Nationen (USA, Großbritannien, Frankreich) haben sich durchgesetzt und weitreichende Maßnahmen durchgedrückt - es kann also Krieg geben in Libyen, völkerrechtlich legitimiert.

Beantragt wurde die Errichtung und Durchsetzung einer "Flugverbotszone" - genehmigt wurde dies und noch viel mehr ... an weitreichenden notwendigen Maßnahmen!

Ein Freibrief für Krieg?

Ein Blanko-Scheck für rücksichtsloses Vorgehen nach eigenem Ermessen?

Und dies, um Freiheit und Demokratie durchzusetzen,
um einen Diktator zu stürzen?

Eine Pseudo-Moral ist das, nackte Heuchelei.

Deutschland macht bei Kriegshandlungen nicht mit und wird keine Truppen nach Nordafrika entsenden.

Gut so.

Russen und Chinesen haben sich enthalten, obwohl sie genauso wenig neutral sind wie Deutschland, das "moralisch" natürlich auf der Seite der Freiheitsbewegung gegen Diktator Gaddafi steht.

Trotzdem sind die Russen im Grunde für die Resolution und für Krieg - weshalb?

Weil sie von dem steigenden Ölpreis profitieren werden, wenn es denn zu Krieg und Eskalation kommt.

Die Chinesen sind dagegen.
Weshalb?
Weil sie das Rohöl kaufen müssen.

Und Frankreich  - was macht die Grande Nation unter dem kleinen starken Mann Sarkozy, der Napoleon Bonaparte kompensatorisch nachzueifern scheint -
sie betreibt eine abenteuerliche Kriegsdiplomatie, die genau so verwegen ist wie die eigenwillige Atompolitik der Franzosen - auf Kosten der Sicherheit der Nachbarn.

Sonderbar - dieses geeinte Europa.

Möge uns ein Waffengang erspart bleiben - und mit ihm die gefährlichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, denn ein steigender Ölpreis wird - in Verbindung mit dem Straucheln der Japanischen Wirtschaft und den Auswirkungen der globalen Finanzkrise - die Weltkonjunktur abwürgen.




Nachtrag am 19.03. 2011.

US-Präsident Barack Obamas "moralische Argumentation", im Namen von Freiheit und Demokratie an der Seite der Schwachen (Anti-Gaddafi-Rebellen)  in den Krieg zu ziehen,
um letztendlich den Diktator zu stützen,
ist zutiefst heuchlerisch und entspricht der oft praktizierten Art im Weißen Haus, die amerikanische Öffentlichkeit hinters Licht zu führen.

Gesagt wird, was populär ist, was gut klingt.

Nicht anders ist es in der bundesdeutschen SPD, wo einzelne Demagogen (rote Heidi) im Bundestag nun die Enthaltung Deutschlands kritisieren.
Auch das ist unehrlich und bigott.

Mit Krieg wird man in der Arabischen Welt keine abendländischen Werte einführen, schon gar nicht, wenn man die Arabische Liga zu instrumentalisieren sucht.

Fakt ist:

Wer immer an der Seite der Rebellen gegen Gaddafi eingreift, der verletzt und torpediert das Völkerrecht.

Wenn das Völkerrecht  (International Law) - eine höhere Ethik auf zwischenstaatlicher Ebene -  nicht mehr gebraucht wird,
dann soll man es abschaffen, um anschließend nach Gusto Kriege führen zu können - als
Bürgerkriegspartei, wo immer es passt.

"Diktatoren" sollten aus den eigenen Reihen gestürzt werden, aus dem eigenen Volk heraus - wie es Brutus und Wilhelm Tell taten.

Tyrannenmord und Widerstandsrecht haben eine lange Tradition -

im Abendland seit der Antike in Griechenland und Rom, ebenso in der Arabischen Welt.

Es bedarf keine äußeren Intervention.

Und wenn eine Supermacht wie die USA - flankiert von einigen kriegslüsternen Helfern - antritt, um einen Diktatur zu beseitigen, dann muss dies konsequenterweise mit allen Diktatoren der Welt geschehen.

Da kommt noch viel Liquidierungsarbeit auf USA und NATO zu.

Krieg ist Vernichtung –

Blicken wir doch kritisch in den Irak, um zu sehen, was die Beseitigung des Gewaltherrschers Saddam Hussein dem Volk und der Welt gebracht hat :

 Chaos, Terror, Bürgerkrieg, instabile Verhältnisse und vielfacher Tod.

Die USA hat sich geirrt - und ausbaden müssen diesen Irrtum - wie schon so oft in der Geschichte - die Völker.

Es ist gut, dass Deutschland sich in dieser Angelegenheit heraushält.

Guido Westerwelle macht diesmal im Auftrag von Kanzlerin Angela Merkel eine gute Arbeit.
Hut ab"



Ergänzung, 20. 03. 2001 - 20 Uhr - nach den ARD-Nachrichten:

Inzwischen rudert die "Arabische Liga" kräftig zurück - nach dem Motto:

So haben wir nicht gewettet!

Offensichtlich fühlt die Arabische Liga ( wie von mir befürchtet!) sich in der Tat vom Westen instrumentalisiert.

Das Flugverbot über Libyen sei beschlossen worden, um Menschen zu schützen, nicht um sie zu treffen.

Die Franzosen leugnen bisher "Kollateralschäden" - sie hätten bei ihren Bombardements keine Zivilisten  getroffen!

Wer hat nachgesehen?

Wenn die "moralische Unterstützung" der Arabischen Liga wegbrechen sollte, dann hat der Westen ( USA, Frankreich und die NATO) ein großes Problem.

21.03.2011

Es gibt kein Mandat der UNO, den libyschen Machthaber Gaddafi "aus dem Amt zu bomben".

Darauf zu spekulieren, ihn bei dem Beschuss der Regierungsgebäude zu erwischen, ist zynisch und zeugt nur von einer rücksichtslosen Umsetzung militärischer Macht.

Frankreich, Großbritannien und die USA betätigen sich gerade als Brandleger und Totengräber der Moral.

Diese einseitige Intervention in Libyen - beim  militärischer Stützen
einer Bürgerkriegspartei- ist gut geeignet, das Vertrauen der Arabischen Welt in die Demokratien des Westens weiter zu untergraben. 

Frankreich spielt selbstgefällig mit dem Feuer.

Frankreich - Avantgarde auch in Sachen Kriegsführung?
Durch das Vorstürmen eines NATO-Mitglieds de facto ohne Auftrag des Verteidigungsbündnisses wird ein "fait accompli" geschaffen,
eine vollendete Tatsache, die geeignet ist,
die gesamte NATO zu instrumentalisieren.

Die NATO ist primär ein Verteiteidigungsbündnis - immer noch.

http://de.wikipedia.org/wiki/Nato


Hat Libyens Staatschef Gaddafi etwa die Sicherheit Europas bedroht?

Was rechtfertigt ein Eingreifen der NATO?

Mich verblüfft das unkritische Zusehen der Europäer  - und der Europa-Politiker, die in einem langen Augenblick einmaliger Prinzipienvergessenheit "Krieg" führen.

Wo bleiben die Pazifisten? Sind sie denn alle abgelenkt durch die Ereignisse in Fukushima, Japan?

Bewundernswert: Die Ritterlichkeit im Kampf der gleichen Kriegsparteien und die Freude an der abstrakten Tötung. 

"Kollateralschäden", ein euphemistischer Zynismus für in Kampfhandlungen getötete Zivilisten, sind angeblich immer noch nicht eingetreten.

Folgen wir weiterhin gespannt der Logik des Krieges - Vernichtung und Tod als Mittel der Politik.



Die neueste Nonsens-Meldung der so genannten Koalition der Willigen:
Obwohl der Regierungssitz Gaddafis mit Raketen beschossen wurde, sei Oberst Gaddafi nicht das Ziel der Aktion gewesen.
Worin bestand das Ziel?
Im Demolieren von Gebäuden?
Und was ist mit einem möglicherweise toten Staatschef - ist das ein beklagenswerter Kollateralschaden?
Kommunikationsprobleme bestehen also nicht nur zwischen Staaten des Westens ( und mit Deutschland), sondern auch innerhalb der NATO und
vor allem im Dialog mit der Weltöffentlichkeit

Inzwischen wird immer mehr Kritik am westlichen Vorgehen in Libyen laut:

Sprecher der Arabischen Liga Mussa, der in Ägypten Präsident werden will, sieht die Sache aller Araber in Gefahr.

Russlands Regierungschef Putin spricht von einem Kreuzzug des Westens, der symptomatisch sei für die jüngere Außenpolitik der USA.

Indien fordert das Einstellen der Kampfhandlungen in Libyen.

Was ist aus der so genannten Völkergemeinschaft geworden - in nur wenigen
Tagen?
Eine Koalition der Willigen?

Frankreich und Großbritannien verneinen immer noch zivile Opfer, angeblich gibt es keine Informationen darüber  - welch eine Verlogenheit nachdem 100 Raketen auf Libyen niedergingen und ungezählte Bomben.

Das wichtigste Argument gegen den Angriff des Westens:

die bisher noch nicht gehörten Stimmen der Betroffenen vor Ort,
der einfachen Menschen in Libyen, die den unwürdigen Umgang mit ihrem Land und Volk missbilligen.

Der Bumerang-Effekt dieser überhasteten Kriegshandlungen wird nicht ausbleiben.

Im Jemen starben gerade im Verlauf der Unruhen dort 100 Menschen,
in Bahrain gibt es ebenfalls Unruhen - wie auch in Syrien, wo ebenfalls Opfer zu beklagen sind.

Arabien kocht - doch die Welt blickt weg, auf Libyen.

Und bald auf Syrien ... Israel?

Ein Spiel mit dem Feuer - das Ganze!

©Carl Gibson. Alle Rechte vorbehalten


Aus:

Carl Gibson,

„Die Zeit der Chamäleons“ -


Aphorismen, Reflexionen, Maximen, Sentenzen, Ideen, Essays

zur Literatur, Philosophie und Geistesgeschichte und Kritisches zum Zeitgeschehen


Motto:



Zum Sinn der Philosophie heute

Philosophen sollen reden und schreiben,
Philosophen sollen Fragen aufwerfen und Antworten anbieten,
sonst ist ihr Denken umsonst!
Das – sprichwörtliche – Schweigen der Philosophen ist ein Irrweg, 
denn es verhüllt die Wahrheit und billigt die Lüge.

Das Schweigen der Denker nützt nur den Mächtigen.





 

Mehr zur "Philosophie" von Carl Gibson
in seinem zweibändigen Hauptwerk:

speziell in:

"Symphonie der Freiheit", (2008)
sowie in dem jüngst erschienenen

"Allein in der Revolte.

Eine Jugend im Banat", (2013)






 Philosoph und Zeitkritiker Carl Gibson

Weitere Aphorismen, Reflexionen, Maximen, Sentenzen, Ideen und Essays werden auf diesem Blog folgen.


Copyright: Carl Gibson
Fotos von Carl Gibson: Monika Nickel

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